Schon im Sommer 2019 hatten sich die Derchinger für den Dorfwettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ angemeldet. Das Bayerische Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten initiierte diesen Contest erstmals 1961 unter dem Namen „Unser Dorf soll schöner werden“. Damals galt das Hauptkriterium der Gestaltung und Verschönerung von Grünanlagen und Privatgärten. Dieser Schwerpunkt hat sich in den letzten 25 Jahren verlagert.
Derchinger stellen sich den Bewertungskriterien
Heute wird zeitgemäß betrachtet. Es geht vielmehr darum, ob ein Dorf ökonomisch, ökologisch sowie baulich und sozial auf die Veränderungen des demografischen Wandels und den Klimawandel eingeht. Fünf Hauptkriterien dienen als Leitfragen bei der Bewertung eines Dorfes. Es soll aufgezeigt werden welche Entwicklungskonzepte für das Dorf erarbeitet beziehungsweise angewandt werden. Hierbei geht es hauptsächlich um die Unterstützung örtlicher Unternehmer und die Verbesserung von Bildungseinrichtungen. Dabei sollen konkrete Maßnahmen zur Sicherung der Nahversorgung und des demografischen Wandels Berücksichtigung finden.
Auch die sozialen und kulturellen Aktivitäten eines Dorfes werden in Augenschein genommen. Gibt es Vereine? Gibt es Bürgerinitiativen? Wie tragen diese zu einem aktiven Dorfleben bei? Werden Zugezogene schnell integriert? Wird die Familienfreundlichkeit im Dorf gefördert? Fragen denen sich die Derchinger Arbeitsgruppe stellen muss, um weiterhin erfolgreich am Contest teilzunehmen.
Derchinger hadern mit der aktuellen Baugestaltung und –entwicklung
Ein wichtiger Punkt innerhalb der Bewertungskriterien. Werden Maßnahmen durchgeführt, um die Baugestaltung und –entwicklung ortstypischer Gebäudestrukturen zu erhalten? Werden regenerative Energien genutzt und wie nachhaltig wird eigentlich mit der vorhandenen Fläche umgegangen? Für die Derchinger ist dies ein schwieriges Thema.
Derching befindet sich circa 7 Kilometer nördlich von Friedberg, Augsburg liegt 10 Kilometer südwestlich entfernt. Das Dorf ist durch die Autobahn A8 und die Bundesstraße AIC25 ideal an das überörtliche Straßennetz angebunden. Verständlich das sich in den letzten Jahren viele Unternehmen ansiedelten. Die Derchinger haben sich inzwischen an den Anblick des Industriegebiets am Fuße des Unterdorfs gewöhnt. Ist ja auch eine tolle Sache, in wirtschaftlicher Hinsicht. Schade nur das Derching von der Gewerbesteuer nicht profitiert.
Verständlich das sich die Derchinger gegenüber einer Neuausweisung von Gewerbeflächen skeptisch zeigen und für einen weiteren Flächenverbrauch stimmen. Vielmehr sollen die leerstehenden Flächen im Gewerbegebiet wiedergenutzt werden. Zudem ist es wichtig, neue Wohnbauflächen für die junge Generation zu schaffen. Junge Familien haben kaum Möglichkeiten, in Derching einen Bauplatz oder eine Wohnung zu finden. Warum wurde seit den 1970er Jahren keine Wohnbaufläche mehr ausgewiesen?
Es ist kein Geheimnis das in den letzten Jahrzehnten das Verhältnis zwischen Friedberg und Derching nicht immer positiv war. Oftmals wurden die Derchinger nicht vollumfänglich informiert. Dabei wäre es wichtig, dass die „Verantwortlichen ehrlich sind“ und „alle Karten auf den Tisch legen“, so Leonhard Knauer, Vorstand im Derchinger Heimatkundeverein. Doch seit dem Amtsantritt von Bürgermeister Eichmann hat sich einiges positiv entwickelt. Nebenher erhoffen sich die Derchinger von der Teilnahme am Dorfwettbewerb mehr Akzeptanz und Unterstützung aus Friedberg.
Derching ein Dorf in der Landschaft
Ebenfalls ein Bewertungskriterium des Bundeswettbewerbs. Wie fügt sich Derching in die Landschaft ein? Gibt es Maßnahmen zur Förderung der Artenvielfalt? Wie sieht es aus mit der Grüngestaltung und –entwicklung innerhalb des Dorfes?
Typisch für Derching ist der großräumige Derchinger Forst mit all seinen überwiegend standortgerechten Arten. Darüber hinaus gelten die Friedberger Ach nördlich von Derching und der Buchenwald an der Hangleite als identitätsstiftende Elemente. Zu den Biotop- und Nutzungstypen zählen zudem die Stillgewässer am Siebenbrünnengraben und die renaturierte Kiesabbaufläche nördlich der Stillgewässer.
In Bezug auf den Erhalt, die Optimierung und den Verbund spezieller Lebensraumtypen zeigen sich die Derchinger sehr engagiert. Im Sommer 2019 wurde ein Blühstreifen von den Mitgliedern des Gartenbauverein Derching angelegt. Dieser Blühstreifen bildet einen natürlichen Übergang zwischen den angerenzenden Weiden und Wiesen und den dörflichen Strukturen. Zudem wurden direkt am Blühstreifen mehrere natürliche Unterschlupfmöglichkeiten, mit anderen Worten potentielle Lebensräume für diverse Amphibien wie die Kreuz- und Wechselkröte geschaffen.
In Bezug auf die Infrastruktur wünschen sich die Derchinger einen Fahrradweg zwischen Naherholungsgebiet, Derchinger Forst und dem Baggersee. Diese Naherholungsmöglichkeiten werden schließlich auch mehr und mehr von der städtischen Bevölkerung genutzt. Sehen die Derchinger einer zukunftsfähigen Dorfentwicklung entgegen? Eines steht fest: Derching hat sowohl in den Bereichen der Innenentwicklung und auch in Bezug auf den Naturschutz viel Potential.
Zielsetzung ist der Erhalt der dörflichen Struktur, die Stärkung des Dorflebens und die weitere nachhaltige Entwicklung des Ortes. Die Wünsche und Anregungen der Dorfbewohner wurden gehört, erfasst und entsprechende Maßnahmen abgeleitet. Nun liegt der Fokus darauf diese zeitnah durchzuführen bzw. umzusetzen. Es bleibt spannend, wir werden weiterhin zum aktuellen Stand informieren.